Einfach. Gut. Leben

 Gedanken zum Jahresende 2024

„Ich habe angefangen, ein bisschen vergnügt zu sein, da man mir sagte, das sei gut für die Gesundheit.“

Voltaire 1761 in einem Brief an Abbé Trublet, Mitglied der Académie francaise

Claudia Küppers (Name geändert) war heute Nachmittag die letzte Patientin in meiner Sprechstunde. Vor 28 Jahren habe ich Claudia zur Welt gebracht. Auf meine Frage, wie es ihr ginge, antwortete sie nach einigem Zögern: „Geht so, aber dieses Jahr war bisher nicht mein Jahr.“.

Traurig, so eine Antwort. Negative Gedanken, die schwingen und schwingen. Negative Gedanken, die dieses Jahr nicht zu deinem machen. Aber hat sich 2024 diese individuelle, ja eigentlich kollektive Selbstverzwergung in Deutschland nicht zur vorherrschenden Lebensphilosophie entwickelt?  Schwäche, Fragilität, Niedergang? Wäre es nicht zum Jahreswechsel an der Zeit, wieder etwas mehr über unsere Stärken (was früher mit „Made in Germany“ plakatiert wurde) und dafür etwas weniger über unsere Schwächen zu sprechen? Wäre es nicht besser, dass wir Deutschen uns mit trotzigem Optimismus einen Ruck geben, mit Durchhaltevermögen, Fleiß und Kreativität in die Zukunft zu sehen? Halb voll statt halb leer! Vielleicht erwacht Deutschland 2025 aus seinem Tiefschlaf…

In meinen Fachgebieten, der Frauenheilkunde und der Präventionsmedizin, kommen wir dem Ziel, die beste aller möglichen Zukünfte auszuwählen, immer näher – dank der rasanten Fortschritte von Physiologie und Informatik. Gesundheit kostet zwar Zeit und Geld und manchmal Überwindung – aber nicht übermäßig viel. Die Belohnung: gesund zu sein, macht vergnügt. Krank und leidend zu sein, bedeutet Verlust an Lebensqualität, ist exorbitant teuer, zeitaufwendig, nervig für die Menschen in deiner Umgebung und tut darüber hinaus auch noch weh – sowohl dem Körper, als auch der Seele.

Sicher haben Sie, meine intelligenten Leserinnen und Leser, sich öfters Gedanken darüber gemacht, warum manche Menschen nie krank sind und andere aber schon. Käme jetzt die Antwort „Na, ja das sind eben die Gene“, so wäre das eine unüberlegte Antwort aus dem wissenschaftlichen Mittelalter.

Seit mehreren Jahrzehnten weiß man bereits, dass die ererbten Gene nur in etwa 10 bis höchstens 20 Prozent Schuld am Krankwerden haben. Einen weitaus größeren Anteil an unserem Gesundsein haben das Epigenom, unser Lifestyle und Einflüsse, die von außen auf uns wirken – wie z.B. die Luft- und Wasserqualität und die Belastung durch schädliche Strahlung.

Entscheidend für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit ist, dass wir unseren allerbesten Freund pflegen und verwöhnen. Kurz: ihm nur Gutes tun. Denn das, was uns gesund hält, ist einzig allein unser Immunsystem.

Das Immunsystem bestimmt sämtliche Aspekte unseres körperlichen und psychischen Wohlbefindens. Von Geburt an werden lebenslang tagtäglich die in unserem Körper miteinander wechselwirkenden Netzwerke aus Zellen und Molekülen darauf trainiert, unseren Körper gesund zu erhalten.

Vielleicht waren Sie in diesem Jahr gelegentlich frustriert, weil Sie Ihre immunvermittelte Erkrankung nicht mit Hilfe von Dr. Google „heilen“ konnten. Aber unsere, für jeden Menschen individuelle Immunität ist wahnsinnig komplex und permanenter Bewegung und Veränderung unterworfen, die auf psychosoziale und umweltbedingte Einflüsse reagiert und in ständigem Austausch mit den Mikroben steht, die in unserem Körper leben – dem Mikrobiom.

Erst vor Kurzem haben Wissenschaftler erkannt, dass das einzige Organ, das die Schulmedizin bei Gesunden bisher für frei von Mikroorganismen hielt – unser Gehirn mit seinen Billionen Synapsen – ein Tummelplatz für Bakterien, Viren und Pilzen sein kann. Zu Ihrer Beruhigung: die meisten dieser Winzlinge sind hilfreiche Freunde  für uns – Stichwort: Demenz-Prävention.

Wir müssen uns aber immer wieder vor Augen führen, dass unser schnelllebiges, übermäßig konsumorientiertes Leben einen negativen Einfluss auf das Immunsystem hat. Positive Faktoren werden untergraben und durch anomale Impulse ersetzt, die dieses sorgfältig konzipierte System leicht aus dem Gleichgewicht bringen können. Deswegen abschließend zur Erinnerung nochmals meine Empfehlungen, das Beste aus Ihrem Immunsystem heraus- zuholen. Hier mein Sixpack-Konzept des Wohlbefindens:

EAT                        ausgewogen essen

MOVE                    körperlich und geistig bis ins hohe Alter (Stichwort: „Silver Worker“)

                               beweglich und aktiv bleiben

RELAX                   Entspannung und Entschleunigung, um den Stresslevel möglichst 

                               niedrig zu halten  

CONNECT             gute soziale Kontakte pflegen und eine positive Lebenseinstellung haben

SLEEP                   erholsam und angenehm schlafen

PREVENTION       regelmäßige Arztbesuche bei einem Präventionsmediziner

Leider ist man in Deutschland nicht besonders ambitioniert, in puncto Gesundheit mit Selbstdisziplin präventiv zu denken. Wir haben eines der teuersten Gesundheitssysteme weltweit, stehen aber, was unsere Gesundheit betrifft, nur an 24. Stelle aller Staaten. Unsere Gesundheitspolitik ist ein Scherbenhaufen – vom Parteien-Machtkalkül geknebelt. Katastrophale Situation, denn die Gesundheit der Menschen ist ein extrem wichtiger, wenn nicht der Standortfaktor der Zukunft. 

Grund genug für uns alle, um gute Vorsätze für 2025 zu haben. Beispiel Voltaire: er war Zeit seines Lebens humorvoll, hielt soziale Kontakte durch etwa 20.000 Briefe, die er im Laufe seines Lebens geschrieben hat, war obrigkeitskritisch und wurde durch diese intelligente Lebensweise 83 Jahre alt – mehr als doppelt so alt wie die damalige Lebenserwartung. Lernen können wir – falls überhaupt – nur aus der Geschichte.

Ihr Dr. Hansheinrich Kolbe

Facharzt für Gynäkologie, Geburtshilfe und Präventionsmedizin

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert