Jeder denkende Mensch müsste eigentlich jetzt kapiert haben, dass es außer Himbeereis, Konstanze Klosterhalfen und der letzten Staffel von „Game of Thrones“ keinen Grund gibt, positiv in die Zukunft zu blicken.
September 2022
Bei unseren Gesundheitsministern – dem Ex und dem jetzigen – sitzt das Geld ziemlich locker. Nicht deren eigenes, sondern das des Staates. Mit den vom Ministerium eingeführten Sars CoV-2-Schnelltests, gebilligt von den Regierungen in Bund und Ländern, haben Betrüger mehr als eine Milliarde Euro abgezockt – ein Mega-Betrug auf unsere Kosten. Konsequente Kontrollen gibt es bis zum heutigen Tag nicht!
Diese unreflektierte „Einladung“ zur Geldveruntreuung ist kein Einzelfall, sondern bezeichnend dafür, wie der deutsche Staat unser Gesundheitswesen organisiert. Das Geld ist ja da.Was bei den meisten Staaten in der Welt nicht der Fall ist. Der Staat hat es von uns, den Steuerzahlern. Und erhöht die Zuschüsse für die gesetzlichen Krankenversicherungen. Hier ein paar Milliarden mehr, dort ein paar Milliarden mehr. Mit über 400 Milliarden Euro gibt in der EU Deutschland mit Abstand das meiste Geld für sein Gesundheitswesen aus.
Also müssten wir logischerweise ein optimales Gesundheitssystem und einen hohen Prozentsatz an gesunden Menschen haben. Weit gefehlt. Wir stehen in Deutschland, was die Effizienz unseres Gesundheitssystems betrifft, im internationalen Ranking nur auf Platz 24. Preis-Leistungsverhältnis: erschütternd miserabel!
Ein neues, präventives Gesundheitssystem würde das Risiko, unendliches Leid, qualvolle Schmerzen und lange stationäre Krankenhausbehandlungen erdulden zu müssen, erheblich senken und darüber hinaus uns allen viele Milliarden Euro einsparen. Leider ist die Präventionsmedizin, Krankheiten an ihrem eigentlichen Ursprung zu behandeln, indem man die epigenetischen Abweichungen korrigiert, um eine normale Genaktivität wieder- herzustellen, bei uns noch inexistent. In Österreich, Skandinavien, Kalifornien und Singapur dagegen ist sie seit Jahren Routine – mit hervorragenden Ergebnissen, was Effizienz und Kosten betrifft.
Beispiel: Wenn ich in Deutschland einen Patienten individualisiert medizinisch präventiv betreue, d. h., dass ihn so berate und führe, dass er gesund bleibt und nicht krank wird, weigern sich die meisten Krankenkassen (nicht alle, manche Kassen reagieren intelligent) die geringen Kosten dafür zu übernehmen. Wenn ich aber das teuerste Antibiotikum rezeptiere – selbst wenn es nicht indiziert und nutzlos ist – oder wenn völlig unnötige Operationen an der Wirbelsäule durchgeführt werden, die die Beschwerden postoperativ sogar noch verstärken, statt sie zu mindern, zahlen die Krankenkassen immer!
Wenn ich das deutsche Gesundheitssystem kritisiere, spreche ich nicht von den zahlreichen Krankenschwestern und –pflegern und von den leider immer weniger werdenden Hebammen, die ihren Beruf aufopferungsvoll und professionell ausüben.Auch nicht von den Ärzten, die in ländlichen Regionen oder in Notaufnahmen und Nachtdiensten Schwerstarbeit leisten. Nein, ich kritisiere die exorbitanten Schwachstellen in manchen ambulanten und stationären Medizinbereichen. Oder halten Sie, meine lieben Leserinnen und Leser, es für normal, auf einen Arzttermin, z.B. bei einem Orthopäden oder Psychiater, bis zu neun Monate warten zu müssen – selbst wenn Sie erhebliche gesundheitliche Probleme haben?
Vor einigen Monaten musste ich den Chefarzt eines Herzzentrums (nicht in Karlsruhe) auf einen fatalen, vermeidbaren Behandlungsfehler hinweisen, der bei einer meiner Patientinnen in seiner Klinik begangen worden ist, und unter dem meine Patientin noch heute massiv leidet. Seine flapsige Antwort: „Schauen Sie, Herr Kollege, aus dieser Situation können wir nur lernen.“ Zynischer kann man nicht mehr reagieren.
Ich diskutiere gelegentlich mit Politikern, die für unser Gesundheitswesen zuständig sind, über diese prekäre Situation und bin dann immer wieder überrascht und enttäuscht, wie spärlich ihre Kenntnisse betreffs dieser Problematik sind.
Kürzlich hat ein Abgeordneter aus dem Bundestag zu mir gesagt: „Wollen Sie etwa als Patient in Russland medizinisch betreut werden?“
Ein Frage mit völlig verquerter Logik, die Fachkenntnisse bei ihm im Bereich Null dokumentiert. Denn erstens ist das Budget des russischen Gesundheitssystems extrem niedrig und zweitens befindet sich nicht nur die „Russische Seele“, sondern auch die im Zerfall begriffene russische Gesundheitsversorgung mit ihrem Aber- und Wunderglauben und ihrer Bestechungsmentalität im tiefsten Mittelalter. Schließlich müssten diese Zustände – nachdem was sich in den vergangenen Monaten ereignet hat – jedem Mitteleuropäer bekannt sein.
Meine Hoffnung ist, dass wir in Deutschland unsere Arroganz ablegen und uns ein Beispiel an denen nehmen, die es bereits jetzt besser machen als wir. In Deutschland wird zwar eine Medizin praktiziert,die zu den führenden in der Welt zählt.Was wir aber (noch) nicht haben, ist ein individualisiertes, personalisiertes Gesundheitswesen mit Schwerpunkt auf Erhaltung von Gesundheit und Prävention von Krankheiten. Die heute bei uns alles beherrschende Reparaturmedizin sollte erst zum Einsatz kommen, wenn die Präventionsmedizin, die Medizin der Zukunft, die auf der Systembiologie basiert, nicht mehr ausreicht, uns körperlich und geistig gesund und fit zu halten. Hier optimistisch in die Zukunft zu schauen, fällt mir zurzeit schwer. Betrachten Sie diese Kolumne als Warnruf – noch ist es nicht zu spät…
P.S.Ich fühle mich zu dieser Kritik berechtigt, da ich „vom Fach“ bin: In meiner Familie sind wir in fünfter Generation Mediziner.Ich selbst habe auf drei Kontinenten Babys zur Welt gebracht, weshalb mir die Gesundheitssysteme im Ausland bekannt sind.
Ihr Dr. Hansheinrich KOLBE
Facharzt für Frauenheilkunde,
Geburtshilfe und Präventionsmedizin