Ein lauer Sommerabend im Juli 2024
Heute möchte ich ein bisschen aus der Küche plaudern. Eines meiner liebsten Freizeitbeschäftigungen ist nämlich, am Herd herumzuwerkeln… gelegentlich zum Leidwesen meiner Frau.
Aber mal der Reihe nach: Meine erste Küchenfee war meine geliebte Großmutter Mimi. Natürlich hieß sie nicht so – aber ich hatte sie Mimi getauft und alle nannten sie daraufhin so. Mimi kochte hervorragend und fantasievoll. Sie fertigte alles selbst an: Zwetschgenmus, das stundenlang vor sich hin köchelte, und feine Himbeertorten, leckere Pasta und in der Vorweihnachtszeit das „Schlesische Himmelreich“, diese deftige Kombination aus Schweinebauch und Backobst, süß, salzig und leicht säuerlich – kurz: „umami“ auf schlesisch.
Dann trat Clemens Wilmenrod via TV in mein Teenagerleben. Alle Gerichte des ersten deutschen Fernsehkochs – vom berühmten „Toast Hawaii“ bis zum „Arabischen Reiterfleisch“ – habe ich mit jugendlicher Begeisterung nachgebrutzelt.
Als Student hatte ich das Glück, bei meinem Onkel Fritz wohnen und mit ihm reisen zu dürfen. Er reiste viel und gerne – vor allem in Regionen, die für ihre exzellente Küche bekannt waren. So fuhr ich ihn als Chauffeur – er besaß rasante Sportwagen, die er selbst nicht gerne fuhr – oft in die Schweiz, wo er im luxuriösen Resort Bürgenstock am Vierwaldstättersee Konferenzen betreffs Zahnmedizin abhielt.
Ein Erlebnis im Restaurant dieses Hotels werde ich nie vergessen: In der Osteria Alpina saßen zwei Damen am Nebentisch. Ich konnte es kaum fassen: es waren Audrey Hepburn und Sophia Loren. Nun aber das Kurioseste: Da Onkel Fritz nie ins Kino ging und nie die Bunte las, erkannte er die beiden weltberühmten Filmstars nicht, die übrigens in Wirklichkeit noch attraktiver aussahen als auf der Leinwand. Beide gaben sich völlig normal – ohne die geringsten Starallüren.
Wenn Sie, meine treuen Leserinnen und Leser, Spanienfans sind, kennen Sie wahr- scheinlich das „Los Caracoles“ in Barcelona. In diesem typisch katalanischen Lokal habe ich außer „Chipirones de playa a la plancha“ (kleine Tintenfische) auch meine Jugendliebe Marie-Francoise kennengelernt, was die nächsten Jahre meines Lebens geprägt hat: Die Begeisterung für die spanische Küche und die Liebe zu Frankreich.
Die junge Pariserin Marie-Francoise war der Grund, dass ich mein Studium der Medizin in der französischen Hauptstadt weitergeführt habe. Ich hatte das unwahrscheinliche Glück, bei den Eltern von Marie-Francoise auf der Place des Vosges, einem der schönsten Plätze in Paris, wohnen zu dürfen. Und der charmante Vater von Marie-Francoise, Monsieur Robin, hat mich in die Geheimnisse der französischen Küche eingeführt.
Durch ihn lernte ich, Austern genussvoll zu verspeisen, was ich bis heute beibehalten habe. Er trimmte mich beim Austern-Öffnen auf ein solches Niveau, dass ich bei dem Concours im Restaurant „La Coupole“, wem es als Erstem gelingt, ein Dutzend Austern zu öffnen, als einziger Nicht-Profi den ersten Preis – 24 Flaschen Sancerre Cuvée spéciale – gewann.
Als ich Jahre später die Einrichtung meiner eigenen Küche plante, half mir George Blanc, berühmter Drei-Sterne-Koch in Vonnas im Herzen von Burgund mit so wertvollen Ratschlägen, dass meine Küche heute noch – Jahrzehnte später – top modern ist: alles griff -bereit und funktionell, ein urbanes Gewächshaus mit eleganter Grossover-Küche und japanischem Twist. Danke George!
Wenn ich heute gefragt werde, was ich am liebsten koche, kristallisieren sich ganz klar zwei Richtungen heraus. die Mittelmeerküche und die Asia-Food. Bei der mediterranen sind meine Hotspots die libanesische und die spanische Küche, bei den asiatischen die japanische und die Thai-Küche.
In dem Thriller „Das Todeslabor von Singapur“, den ich vor einigen Jahren geschrieben habe, sind meine Lieblingsrezepte ausführlich beschrieben.
Bereite ich am Herd Köstlichkeiten zu, so ist das für mich Entspannung, Meditation und Sinnlichkeit. Essen zu lieben, erfüllt meine Bedürfnisse, Geschmäcker, Texturen und Düfte kennen zu lernen. Ganz abgesehen, dass Essen zu Hause selbst zubereiten der Schlüssel zum Gesundbleiben ist.
Also hole ich auch weiterhin die Sterne vom Himmel – am häufigsten für meine Frau Sylvia, obwohl ich da eine übermächtige Konkurrenz habe: in Eckhart Witzigmann, der Sylvia meine liebste Champagner-Freundin nennt.
Feiern wir das, was uns die Erde gibt…
Ihr Dr. Hansheinrich Kolbe
Facharzt für Gynäkologie, Geburtshilfe und Präventionsmedizin